Südliches Afrika 2005 – 25. Oktober – Die Regenzeit robbt heran

Donnerstag, 20. Oktober, 39.Tag

Abreise aus Swakopmund. Bevor wir unsere Vorräte für die nächste Woche auffüllen, gehen wir noch einmal ins Internet-Café und vervollständigen unseren Reisebericht. Gestern gab es damit wieder einmal Probleme mit dem langsamen Rechner.
Im Supermarkt verbringen wir mehr als eine Stunde. Wer weiß, wann und wo wir die nächste Möglichkeit haben, so viele Lebensmittel einkaufen zu können. Es gibt Richtung Norden nicht mehr allzu viele große Städte, wo die Möglichkeit zum Einkauf so gut ist. `Wasser, Wein, Bier, Holz´…so fängt unser Einkaufszettel in der Regel an. Brot, Kartoffeln, Karotten, Äpfel, Nudeln, Grillerei, Müsli und andere haltbare Lebensmittel. Schnell ist der Einkaufswagen voll, in unzähligen Plastiktüten wird alles im Landy verstaut. Ein Hoch auf die Kühlbox, die alles verderbliche frisch und kühl hält.
Es ist früher Nachmittag, als wir Swakopmund nach Norden verlassen. Kurz hinter der Stadtgrenze sind wir wieder von Einsamkeit, Sand, Wind und Hochnebel eingefangen. Die dunkle Salzpiste zieht sich schnurgerade nach Norden. Links der Atlantik mit seiner kalten Brandung, wo wir vereinzelt Angler sehen, rechts die riesige Fläche aus Sand, soweit das Auge reicht. Mile 14, Mile 26, Mile 108… sind die einzigen Wegweiser entlang der Küste; hier und da Ansammlungen von Wochenendhäusern, die jetzt verschlossen und vom Sand eingefangen, im Hochnebel auftauchen. Henties Bay ist die letzte größere Ortschaft, wo Leben herrscht. Danach kommt, bis auf vereinzelte Flecken, nichts mehr, außer Sand, Sand und noch mehr Sand. Luanda ist die nächste Stadt und danach kommt, glaube ich, Lagos, Lissabon und irgendwann Wärnemüne….
Am frühen Abend sind wir in Cape Cross, wo sich eine riesige Seehundkolonie tummelt. Leider schließt der Park in einer halben Stunde, so dass wir uns entschließen, hier irgendwo in der Nähe einen Schlafplatz zu suchen. Auf einer riesigen Ebene aus Salz und festem Sand finden wir einen Platz und versuchen im Wind unser Essen auf dem Gaskocher zuzubereiten. Auch wenn es manchmal mühsam und nicht einfach ist, bereiten wir fast jeden Abend ein üppiges Mahl. Wer kann schon von sich behaupten, zwischen Swakopmund und Lagos abends um acht bei Windstärke 7 und 13 Grad Außentemperatur auf einer Salzebene Hühnerfilet an Bohnen und Kartoffeln in einer Soße aus Knoblauch, Creme Fraiche und vielen anderen Gewürzen zu zaubern?
Die feuchte Kälte treibt uns früh ins Bett. Morgen geht’s zu den Robben und danach hoffentlich wieder in angenehmere Temperaturen.

Thomas

Freitag, 21. Oktober, 40.Tag

Wind, Kälte und Nieselregen am Morgen. Nicht die besten Voraussetzungen, um sich aus einem warmen Schlafsack nach draußen zu quälen.
Trotzdem brauchen wir immer unsere zwei Stunden, um nach dem Frühstück wegzukommen. Zelt einklappen, alles verstauen, Alukisten auf das Dach usw.
Wir hoffen die ersten am Parkeingang zu sein. Wer soll sich schon um diese Zeit hier oben im Norden rumtreiben? Doch vor dem noch verschlossenen Tor steht bereits ein Camper, und als wir uns dazustellen, folgen innerhalb kurzer Zeit mehrere Reisebusse, so dass ca. einhundert Touristen mit uns auf die Robben warten.

Wir belagern dann aber nicht die einzige Toilette am Office, sondern sind die ersten Minuten alleine mit mehreren tausend Robben, die eine große Bucht belagern. Der Gestank ist am Anfang gewöhnungsbedürftig. 20.000 Tiere hinterlassen halt einen gewissen Duft, wenn sie jahrelang ungeduscht in ihren eigenen Hinterlassenschaften liegen. Grunzend und träge liegen viele auf den Felsen, andere stürzen sich in die Brandung und surfen elegant in den Wellen. Hier und da beobachten wir Revierkämpfe unter den Bullen, woanders werden schon recht große Babys von ihren Müttern gesäugt, von denen eine Reihe laut Anzeigetafel ca. 6 Wochen vor Entbindung des nächsten Robbenbabys sein müssten. Es scheint, als herrsche hier ein riesiges Durcheinander unter den massigen Körpern. Auf dem Weg zum Wasser robben sich viele Tiere über andere Körper und werden sofort von dem dösenden Gegenüber angebrüllt.
Mittlerweile sind auch die letzten Touristen aus den Bussen geströmt; es wird voller. Zeit für uns, weiter zu fahren.
Es geht noch ein Stück nordwärts; nach weiteren dreißig Kilometern biegen wir rechts ab.
Wir verlassen entgültig die Küste. Nach wenigen Minuten verschwindet die Hochnebeldecke und die afrikanische Sonne brennt wieder gnadenlos auf uns herab. Nach und nach entblättern wir uns, bis wir wieder nur eine Schicht Kleidung am Körper haben. Kaum zwanzig Kilometer hinter der Küste ist es fast dreißig Grad heiß und wir schlucken wieder Staub. Unglaubliche Gegensätze, faszinierende Landschaft, in der nur sehr angepasste Lebewesen zurecht kommen…
Noch einhundert Kilometer bis Uis, wo wir tanken wollen. Dazu müssen wir den höchsten Berg Namibias, den Brandberg, fast einmal ganz umrunden. Wie ein riesiger Klotz liegt er vor uns und überragt die Ebene um fast zweitausend Meter.
Kurz vor dem Ort Uis stehen die ersten Verkäufer am Straßenrand. Sie wollen Steine, Holztiere, versteinertes Holz und die fürs südliche Afrika typischen Macalani-Nüsse mit Schnitzereien verkaufen. Auf ihr erfolgreiches Geschäft hoffend, bleiben sie mitten auf der Piste stehen, versperren einem den Weg, um im letzten Augenblick zur Seite zu springen.

Uis ist ein verschlafenes Nest, wo fast jeder damit beschäftigt ist, irgendwie die Zeit totzuschlagen. Gerade jetzt bei der sengenden Hitze am Nachmittag. Der halbe Ort döst vor sich hin; die Geschäftigen folgen einem auf Schritt und Tritt, zumindest aber bis zum Wagenfenster, um pausenlos geschnitzte Nüsse anzupreisen. Ihre Masche kennen wir inzwischen: „Hello Mister/M’am, how are you? From which country? I’m Henry, what’s your name?” Geht man darauf ein, um höflich zu bleiben und wagt es gar, seinen Namen zu sagen, bekommt man ca. 30 Sek. später eine mit dem eigenen Namen verzierte Nuss hingehalten, die man dann entweder kaufen oder abwimmeln kann. Also vielleicht doch nicht auf Höflichkeiten eingehen? Das fällt angesichts der herrschenden Armut nicht besonders leicht.
Lieber geben wir etwas Wasser oder einen Apfel, wenn uns jemand danach fragt.

Nach einer kurzen Pause fahren wir weiter und finden unter ein paar Bäumen einen schönen Platz zum Campen. Hier haben wir unsere Ruhe und genießen den Ausblick auf den Brandberg.

Paula hilft Wolfgang beim SchraubenThomas & Silvana

Samstag, 22. Oktober, 41.Tag

Ich stehe zum ersten Mal auf dieser Reise morgens vor Sonnenaufgang auf. Es war warm in dieser Nacht, so dass es leicht fällt, aus dem Auto zu krabbeln. Die vergangene sternenklare Nacht lässt mich auf einen beeindruckenden Sonnenaufgang hoffen. Es dämmert schon seit einiger Zeit, und um halb sieben geht die Sonne auf. Sie hat den Brandberg mit seinen hohen Gipfeln schon seit einiger Zeit angestrahlt und ließ ihn dabei rot glühen. Während die anderen noch in den Dachzelten liegen, mache ich ein paar schöne Fotos bei tollem Licht. Langsam schiebt sich die rote Kugel über den Horizont, Pflanzen und Bäume werfen unendlich lange Schatten. Wie in Afrika, denke ich und suche mir noch ein paar interessante Fotomotive.


Bis die anderen aufwachen und wir später beim Frühstück sitzen, ist die Sonne bereits ein weißer und unendlich heißer Ball, steht wieder hoch am Himmel und verbrennt alles auf der Erde.
Es geht weiter nach Norden Richtung Palmwag. Bis dorthin sind es ca. 300 Kilometer, die wir heute gemütlich fahren wollen. Wir sind an der Grenze zum Damaraland, bekannt für seine Tafelberge. In dieser Gegend ist es feuchter, als in anderen Landesteilen, die Vegetation ist üppiger und grüner. Demnach leben hier auch mehr Menschen. Diejenigen, die nahe der Piste leben, bieten Souvenirs und Getränke an.
Im Rückspiegel sehe ich, wie Wolfgang seit einigen Sekunden die Scheinwerfer aufblinken lässt.
Gibt’s da etwa wieder ein Problem? Tatsächlich. Die Kupplung rutscht seit einiger Zeit durch, dann hat der Landy keinen Antrieb mehr, sondern der Motor heult auf. Wir vermuten, dass das Malheur vom ständig tropfenden Motor oder Getriebe kommt und sich das Schmiermittel so durch poröse Dichtungen langsam bis zur Kupplung vorgearbeitet hat. Ein paar Tropfen Öl genügen und die Kupplung rutscht.
Die beiden brauchen mal wieder eine Werkstatt. Der nächste Ort ist Khorixas, ca. 50 Kilometer entfernt. Dort versuchen wir, schnelle und günstige Hilfe zu finden. Die Hilfe ist an einer Tankstelle gefunden, doch leider ist heute Samstag, und vor Montag nimmt hier niemand einen Schraubenzieher in die Hand.
Wir fahren daher trotzdem weiter nach Palmwag. Übermorgen wollen Wolfgang und Anette nach Khorixas zurück, um den Patienten reparieren zu lassen.
Am späten Nachmittag erreichen wir die Oase Palmwag, wo wir auf dem leeren Campingplatz einen schönen Platz beziehen. Unter Palmen mit Pool und Bar könnte man es hier länger aushalten.
Kurzes Briefing, wie es auf der Tour weitergeht. Da wir schon ziemlich viel Zeit vertrödelt haben, verzichten wir auf den nördlichen Teil des Landes. Das Kaokoveld und die Epupafälle werden gestrichen. Stattdessen wollen wir in den nächsten Tagen über Etosha nach Osten zum Caprivi.

Thomas

Sonntag, 23. Oktober, 42.Tag

Ruhetag in Palmwag. Den Vormittag nutzen wir zu einem längeren Spaziergang durch das Wildreservat. Den Fußabdrücken und den Hinterlassenschaften nach zu urteilen, waren neulich erst Elefanten hier. Wir sehen aber nur einige Springböcke und einen Kudubullen.
Das erste Mal seit der Tour, um genauer zu sagen, das erste mal seit Monaten überprüfe ich mit dem Kompressor unseren Reifendruck. Nicht, dass die Reifen bedenklich platt sind oder das Fahrverhalten sich geändert hat. Es fuhr sich in den letzten 5 Wochen, bzw. 5000 Kilometern mit 3 Tonnen Gewicht ganz wunderbar. Nein, einfach mal gucken, ob sich die gewohnten 3 Bar auch noch in den Gummis befinden. Bei jedem Reifen bleibt die Anzeige allerdings bei 1,8 Bar stehen. Hoppla, bisschen wenig und verwunderlich, dass sich die Gummis in den letzten Wochen auf den Pisten nicht zerlegt haben. Aber die Dinger scheinen einiges auszuhalten. Bei Wolfgangs Landy waren ja in Windhoek über 4 Bar drauf!
Am Nachmittag fahren Wolfgang und Anette los. Da sie eventuell nur einen Tag in Khorixas aufgehalten werden, wollen wir uns morgen Abend in Outjo treffen.
Den Rest des Tages verbringen wir am Pool und vertrödeln die Zeit.
Ein altes englisches Ehepaar, Mike & Margarete mit ihrem Landy, kommt abends in Camp und gibt uns noch weitere Tipps für unsere Route durch Botswana. Ein bisschen Landy-Fachsimpeln gehört für sie auch dazu. Sie sind ebenfalls letztes Jahr schon hier gewesen und nun auch 3 Monate mit eigenem Auto unterwegs. Als Rentner bekommt man hierzulande sogar in manchen Lodges und anderweitig Vergünstigungen, wie wir von ihnen erfahren.

Thomas & Silvana

Montag, 24. Oktober, 43.Tag

Bis Outjo sind es ca. 270 Kilometer, die wir heute schaffen wollen. Die Tankstelle in Palmwag hat keinen Strom, somit gibt es auch keinen Diesel. Aber für die heutige Etappe reichen unsere Vorräte locker. Seit Windhoek fahren wir ja 40 Liter Diesel auf dem Dach spazieren und haben sie noch nie gebraucht.
Nach über 5000 Kilometern ohne ein Problem meldet sich dann doch auch mal unser Landy. Nach einer langen Passauffahrt steigt die Kühlertemperatur bedrohlich an! So was hatten wir noch nie in den letzten 5 Jahren. Die Anzeige blieb immer kurz vor der Mitte stehen, egal wie wir gefahren sind. Ob heiße Temperaturen, Untersetzung oder schweres Gelände; mit der Kühlung gab es nie ein Problem.
Auf der Passhöhe steht dann die Anzeige auf ¾, also noch weit genug vom roten Bereich, aber trotzdem beunruhigend.
Auf der Abfahrt geht die Temperatur dann wieder zurück, der Zeiger sinkt aber nicht mehr auf seinen gewohnten Stand zurück. Mal sehen, wie sich die Sache entwickelt. Es würde mich auch wundern, wenn der Landy auf der ganzen Reise problemlos durchhält. Das ständige Geschüttel, der feine Staub überall, die Hitze und jede Woche über 1000 Kilometer Piste. Vom schlechten Diesel ganz zu schweigen. Dazu kommt das teilweise untertourige Fahren im 5. Gang bei ca. 80 km/h. Im 4. Gang jault er und mehr als 80-85 km/h sind auf manchen Pisten einfach nicht drin. Der Landy qualmt wie eine alte Diesellok.
Ab Kamanjab haben wir wieder Teer unter den Rädern. Noch zähe 150 Kilometer bis Outjo.
Im Norden haben sich die ersten Gewitterwolken zusammengebraut. Der langersehnte Regen kommt bald. Noch ein bis zwei Tage und dann wird es nass. Die Tropfen, die jetzt schon aus den Wolken fallen, erreichen kaum den Erdboden.
Wir erreichen Outjo, füllen unsere Vorräte auf und campen in der Ombinda Lodge am Rande des Ortes. Morgen fahren wir nach Etosha. Zeit für unsere Malariaprophylaxe.

Thomas

Sie kommen, die Wolken, jeden Tag werden es mehr. Heute ist der Himmel bereits komplett bedeckt, hin und wieder troepfelt`s. Die letzte Nacht war zu warm zum schlafen und wurde zusätzlich durch den Besuch von Mücken unterbrochen. Nur zwei, aber das reichte wiedermal, um Paula zu quälen. Die arme Maus hat jetzt ein dickes Auge. Genau die Stelle, die man nicht mit Mückenmittel einreiben kann. Wir werden ein zusätzliches Moskitonetz im Dachzelt einhaengen…

Und nun die Berichte der letzten Tage (ich kann zum Glück hier mal wieder von CD hochladen, allerdings in Modemgeschwindigkeit. Auftretende Formatierungsfehler und andere Kuriositäten liegen an blogspot, wir sind selbst immer ganz überrascht, was da so passiert.).

Silvana, Outjo (kurz vor Etosha)

2 thoughts on “Südliches Afrika 2005 – 25. Oktober – Die Regenzeit robbt heran

  1. Anonym

    Hallo, aus dem sonnigen Süden Spaniens, wo wir uns gerade 1 Woche im neuen Club verwöhnen lassen schicken wir Euch liebe Grüße ins ferne Afrika. Hier brennt die Sonne ebenfalls und läßt uns das herbstliche Deutschland vergessen… euer Reisebericht ist super, habe mich extra hier eingeloggt,um weiterzulesen. Liebe Grüße und weitermachen….die 4 Eichingers, momentan in der Nähe von Malaga

  2. Bernie

    Hey hey mal wieder an euch alle am Horn von Afrika. Klasse dass ihr so regelmässig eure Berichte aktualisiert – macht echt Spaß euch virtuell zu begleiten.

    Gleichwohl – Ende Oktober und es hat 20 °C in Deutschland!!!

    Viele Grüße

    Bernd
    Michaela
    Thabo
    Catweasel

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